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Präventionsbeauftragte Astrid Schäfers zu Fällen häuslicher und sexualisierter Gewalt: „Genau hinschauen und Betroffenen glauben“

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Astrid Schäfers, Präventionsbeauftragte sexualisierte Gewalt der Diakonie Paderborn-Höxter e.V. Foto: Diakonie Paderborn-Höxter e.V.

Kreis Höxter/Kreis Paderborn (dph). In einer repräsentativen Studie des Kinderhilfswerkes Plan International Deutschland haben über ein Drittel der befragten jungen Männer zwischen 18 und 35 Jahren angegeben, dass sie Männergewalt gegen Frauen in einer Beziehung akzeptabel finden und sie als „Hand ausrutschen“ verharmlost. 35 Prozent der jungen Männer seien selbst schon einmal handgreiflich geworden, um „Respekt einzuflößen“.

Astrid Schäfers, Präventionsbeauftragte der Diakonie Paderborn-Höxter e.V., findet das Ergebnis dieser Studie zur häuslichen Gewalt erschreckend, zumal auch 14 Prozent der befragten jungen Frauen der Verharmlosung dieser Gewaltform zustimmen.

Im Bereich des sexuellen Kindesmissbrauchs gab es nach Informationen der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) im vergangenen Jahr in der polizeilichen Kriminalstatistik über 15.520 angezeigte Fälle in Deutschland und einen Anstieg von über zehn Prozent bei den Fällen von Missbrauchsdarstellungen auf 48.800 Fälle. Im Bereich der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung bei Erwachsenen (Vergewaltigung, sex. Nötigung, sex. Übergriff) stieg die Zahl der angezeigten Fälle um knapp 2.000 auf 11.896 an. „Bei diesen Zahlen ist das Dunkelfeld nicht beleuchtet. Es wird vom 20-fachen der angezeigten Fälle ausgegangen“, sagt Astrid Schäfers.

Die Präventionsbeauftragte der Diakonie beobachtet hier eine häufige Verschiebung der Verantwortung zu Lasten der Betroffenen. Es gebe immer noch Aussagen wie „Die hat ja Alkohol getrunken“ oder „Die hatte einen kurzen Rock an“, so Astrid Schäfers. „Die Unschuldsvermutung wird oft einseitig postuliert. Sie gilt für die mutmaßlichen Täterpersonen, aber nicht für die Betroffenen. Ihnen wird unterstellt, dass sie offensichtlich lügen würden“, sagt Schäfers. Dabei habe eine Studie des Bundesverbandes Frauennotrufe und Frauenselbsthilfe (bff) bewiesen, dass der prozentuale Anteil an Falschbehauptungen bei sexualisierter Gewalt bei rund drei Prozent liege. „Aus dieser kleinen Zahl wird abgeleitet, dass auch die anderen 97 Prozent der Betroffenen nicht die Wahrheit sagen könnten, und ihre Aussagen werden vorsichtshalber in Frage gestellt“, kritisiert Schäfers.

Schäfers hat auch beobachtet, dass die kollektive und individuelle Empörung bei Medienberichten über Gewalt im Allgemeinen groß sei, während eine Betroffenheit im eigenen privaten Umfeld sehr häufig bagatellisiert werde, nach dem Muster „Das war doch sicher (mal wieder) nur ein Ausrutscher“ oder „bestimmt gar nicht so schlimm“. Stellung zugunsten der Betroffenen würde im Bekanntenkreis kaum bezogen, man mische sich lieber nicht ein. „Das ist leider immer noch ein häufig zu beobachtendes Phänomen bei häuslicher und auch bei sexualisierter Gewalt, und es erschwert eine erfolgreiche Intervention deutlich“, betont Schäfers. „Wird Betroffenen im Bekanntenkreis nicht geglaubt, wird die erlebte Gewalt bagatellisiert oder ihnen eine eigene Verantwortung für das Gewalterleben zugewiesen, fällt es ihnen schwer, sich professionelle Hilfe zu holen und den Weg zurück in ein gewaltfreies Leben zu beschreiten – auf das laut Grundgesetz jeder Mensch in diesem Land ein festgeschriebenes Recht hat.“

Zu der Frage, was die Gesellschaft benötigt, um Betroffene mutiger und klarer unterstützen zu können, leitet Astrid Schäfers aktuell einen Workshop im Rahmen eines Forschungsprojektes an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. „Was brauchen Einrichtungen, Institutionen, Menschen, damit sie sich einmischen und helfen können, auch wenn sie die Täterperson kennen?“ ist dabei ein zentraler Aspekt. Eine Antwort hat Astrid Schäfers: „Für Einzelne ist es wichtig, genau hinzuschauen, Betroffenen zu glauben und Gewalt nicht zu vertuschen. Politisch ist es wichtig, Hilfsangebote wie Fachberatungsstellen gegen Gewalt auf sichere finanzielle Beine zu stellen und flächendeckend, auch im ländlichen Bereich, ausreichend Beratungskapazitäten zur Verfügung zu stellen.“






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